Mont Blanc 4807m über Gouter Hütte

Grandioses Wetter, Gewitter und Sturm lagen nicht in der Luft und der Wetterbericht verhieß stabile Verhältnisse für mehrere Tage. Fronleichnam lag vor der Tür, und damit ein langes Wochenende. Jetzt oder nie, der Entschluss, die Besteigung des Mt. Blanc zu wagen, war schnell gefasst. Leider waren Hartmut und ich nur auf Meereshöhe aklimatisiert. Somit rechneten wir nicht unbedingt mit dem Gipfelglück, wir wollten uns aber dennoch eine Chance geben.

Die folgende Luftaufnahme gelang mir während eines Überflugs auf dem Weg nach Barcelona im Dezember 2005 und zeigt den gesamten Routenverlauf aus ca. 10000m Höhe.


Die Luftaufnahme zeigt den gesamten Aufstiegsverlauf (rote Linie) über die Gouterroute
ab der Endstation der Zahnradbahn (schwarze Linie)


Anfahrt Mittwochs von Karlsruhe nach St. Gervais, Donnerstags um 10:45 Fahrt mit der



Zahnradbahn zur Nid d'Aigle auf 2370m. Wir hatten sicherheitshalber ein Zelt und Campingausrüstung dabei, da die Hütten oft überbelegt sind.  Marschgewicht mit Verpflegung und Wasser ca. 20kg (zu viel). Aufstieg zur Tete Rousse Hütte
 
auf 3170m. Einfacher Zustieg, auch als Bergwanderung als Tagestour denkbar, allerdings nur mittelmäßige Aussicht.  Übernachtung im Zelt und am nächsten Morgen früh (6:30) Start zur Gouter Hütte. Gespannt waren wir  auf die Querung der berüchtigten Schneerinne,  im grossen Coluier
 
gegen 7:00 waren allerdings noch keine Steine auf grosser Fahrt, nachdem Hartmut gequert hatte begann allerdings der  Querverkehr. Weiterer Anstieg zur Gouter Hütte, eine steile Felsrippe griffig hinauf, weiter oben unterhalb der Hütte mit  Fixseilen gesichert, sicherlich hilfreich beim Abstieg bei  weichen Knien oder Kopfweh, ansonsten für schwindelfreie Geher problemloses Gelände, wenn nicht gerade vereisst, dann bestimmt heikel. Im Bild der Abstiegsweg, unten am oberen Bildrand die Tete Rousse Hütte..

Die Gouter Hütte war  trotz der guten Wetterlage relativ leer. Die negativen Erwartungshaltung (überfüllt, gestresste Hüttenbesatzung etc.) wurde nicht erfüllt, im Gegenteil, die Atmosphere war recht gelöst.  Wir hatten unser Zelt dabei und schlugen es oberhalb der Hütte im Schnee auf, wo sich bereits ein paar andere Zelte befanden.


Dies hatte den Vorteil einer ungestörten Nachtruhe ohne sägende, hustende, röchelnde Bettnachbarn. Die Höhe forderte nun doch etwas ihren Preis, leichtes Kopfweh durchhallte unsere Flachlandschädel, aber es war insgesamt erträglich. Gegen 2:00 etwas Unruhe als ein paar Gruppen zum Gipfel aufbrachen. Mir war nicht nach Aufstehen zumute und Hartmut hatte wohl hier bereits seine Dienstgipfelhöhe erreicht. Ein Tag mehr in dieser Höhe konnte nicht schaden.

Wieder ein strahlender Morgen, kein Kopfweh, dennoch braucht es etwas Zeit, um in die Gänge zu kommen. Im Hintergrund zieht sich die Spur im Zick Zack die relativ sanfte Flanke zum Dom de Gouter empor, hinter dessen Gipfel wohl der Mt. Blanc zu sehen sein sollte.

Zur weiteren Aklimatisierung steige ich diesen Weg bis etwas über 4000m empor, es geht überraschend schnell. Kurze überlege ich, weiter hinauf bis zum Gipfel des Dome de Gouter zu steigen, der sicher in knapp einer weiteren Stunde erreicht gewesen wäre. Um Kräfte für den nächtlichen Aufstieg zu sparen, kehre ich dann doch um. Der kurze Ausflug hat sehr gut getan, unten angekommen steigt die Zuversicht am nächsten Tag den Gipfel zu erreichen. Das Abendlicht taucht die die Landschaft in unwirkliches Licht.





Der Blick geht bis zum Genfer See, der im Abenddunst am Horizont sichtbar wird.

Aufbruch gegen 1:30, Hartmut empfiehlt sich weiter dem Schlafsack, also  gehe ich alleine auf die Piste und folge zunächst einer Zweiergruppe, die ich dann hinter mir lasse (so schlecht kann ich auch aklimatisiert sein denke ich) und erreiche ohne Eile nach zwei Stunden den  Gipfel des Dome de Gouter. Gegenüber erhebt sich dann doch noch ganz respektabel im Halbdunkel der Gipfel des Mt. Blanc. Das nächste Ziel ist die Blechschachtel der Vallot Hütte, die sich auf einem Felssporn am beginnenden Aufschwung des Bossegrats befindet. Abstieg durch den Sattel zwischen Dome de Gouter und Mt. Blanc und Aufstieg zur Vallot Hütte auf 4370m, jetzt macht sich doch die fehlende Luft etwas bemerkbar. Inzwischen sind meine Finger in den Handschuhen etwas kalt geworden und auch der Schweiss vom Aufstieg sitzt mir etwas kalt auf den Knochen. In der Vallot Hütte warte ich erstmal den Sonnenaufgang ab, ziemlich verdreckt,

die Beschreibungen des Hütteninneren treffen zu, der Boden ist bedeckt mit Abfall. Auf den Lagerstätten liegen tatsächlich Menschen, die die Nacht hier verbrachten. Als Notquartier im Gewitter oder Sturm ist das hier sicher ein feiner Fleck.  Die Sonne ging auf und mir wurde es endlich wieder wärmer, der Gipfel erstrahlte in hellem Weiss, sicher noch ein,zwei Stunden Aufstieg für die fast 500m.

Über die zwei Bosse (kleiner und grosser) schwingt sich der Gratanstieg erst recht zackig, dann ausgesetzt Richtung Gipfel.


Der Blick zurück schweift über die flache Kuppe des Dome de Gouters,  unten die Vallot Hütte mit dem Observatorium. Von rechts unten zieht die Spur vom Refugio Mullet in den Pass.

Die letzten ca. 50m Meter verlaufen  ausgesetzt auf der Gratkante zum breiten Gipfelplateau.

Gegen 8:30 gelangte ich dann ohne Eile zum höchsten Punkt, erstaunlich windstill mit überragender Fernsicht. Nichts erhebt sich über einem ausser dem Himmel, der Blick ist stets gesenkt. In diesem Sinne entspricht die Gipfelaussicht dem Blick aus einem Cockpit. Keinerlei dominierende Gipfel im Umkreis. Der Blick schweift von den fernen Berner Alpen am Horizont zu den Walliser Alpen, im Zentrum das Matterhorn, von hier eher ein unscheinbarer Mäusezahn, weiter zu der weissgleissenden Gletscherwelt des Monte Rosa. Weiter nach Südosten baut sich der Gran Paradiso auf. Die Gipfel des Dauphins runden das Bild ab. Nach Westen öffnet sich der Blick zu den Bergen jenseits des Rhonetals und zu Teilen des Genfer Sees.

Hier eine Gallerie mit weiteren Bildern .

Nach Rückkehr zur Gouter Hütte noch eine etwas windige Nacht im Zelt und am folgenden Tag Abstieg zur Bergstation der Zahnradbahn und Rückfahrt nach Karlsruhe.

Dennoch, die folgenden Bilder bei heiteren Wetter aufgenommen, sollten nicht zur Leichtfertigkeit Anlass geben.  Die Besteigung des Mt. Blanc, technisch zwar über die Normalroute Gouter Hütte bei guter Spur kein Problem, birgt genügend Stoff für Tragödien. Auch in diesen Tagen mit exzellenten Bedingungen flog die Flugrettung dauernd Einsätze, die den ein oder anderen schwächelnden oder gestrauchelten vom Berg holte.  Nicht unterschätzt werden sollte die Länge des Aufstiegs und die Höhe, bei 4800m sinkt der Luftdruck schon mal auf Halbmast. Der Berg ist erst bestiegen, nach gesunder Rückkehr. Wem es auf dem aufgrund mangelnder Aklimatisierung oder Kräfteschwund schlecht wird, hat bei gutem Wetter schon ein Problem.  Wenn dann das Wetter kippt oder Höhenstürme einsetzen, dürfte da oben alles recht schnell ziemlich lebensfeindlich und final werden.  Faszinierend ist die Ausgesetztheit des Mt. Blanc Massivs gegen Westen. Es steigt fast 4000m aus dem Tal von Chamonix auf und die höchsten Erhebungen gegen Westen liegen 2km tiefer. Entsprechend schnell dürften sich Wetterstürze ereignen.
Das Schmankerl beim Aufstieg ist sicher die Querung des Colouiers unterhalb der Gouter Hütte mit seinen zischenden Steinen. Am besten früh morgends queren. Die Querung wird zu ungünstigen Zeiten (windig oder die Sonne steht schon drin) zum russischen Roulette, der einzige Unterschied, wenns oben rumpelt hat  man noch ein paar Sekunden, um aus der Schusslinie zu kommen.

Viel Spass bei den Bildern, die hoffentlich einen kleinen Eindruck von der Route vermitteln.

Mein besondere Dank gilt Petrus, der erstklassiges Wetter zur Verfügung stellte und damit nicht unwesentlich zum Gelingen der Tour beitrug.
 

Alle Bilder Michael Keller/ Canon Powershot G3
09.07.2003